Räuberpistole im Chalet
von Katja Zellweger Künstler, «Normalos», Kommissare und Verunsicherung wie im True Crime. Schauplatz International streamt sein neues Stück «Chalet Utah» live aus dem Schlachthaus.Paradies und Hölle, Erfolg und Desaster, Wahrheit und Lüge, Rückzug und Engagement – zwischen diesen Polen tingelt das Menschsein. Solche Widersprüche sind es, die Schauplatz International inspirieren. Ihr neustes Stück «Chalet Utah. Welcome to the Scapegoat’s Cave», dreht sich deshalb um Paradise und Desaster. Ein Kommissaren-Dreamteam – kauzig wie die Scullys und Mulders oder Wilders und Kägis der Krimis. Ihr Umgangston ist hölzern, sie siezen sich und manchmal sind da auch mehr Gefühle. «Da ist auch Lynch-Atmosphäre, aber wir führen diese Düsterheit ad absurdum, machen eine rechte Räuberpistole draus», sagt Anna-Lisa Ellend, die mit ihrem Mann Albert Liebl Konzept, Regie und Performance verantwortet. Das ergibt «eine komische Vermengung von Fiktion und Realität, die nicht trennscharf ist. Diese True-Crime-Zweifel haben uns fasziniert.»
Fechten, singen, spinnen
Doch eigentlich beginnt das Stück im «Chalet Utah», wohin sich das Künstlerpaar Henry und Annelore, ebenfalls gespielt von Ellend und Liebl, zurückgezogen hat. Im letzten Stück von Schauplatz International, «Cap Escape Plaisance Club», haben Henry und Annelore schon getanzt, jetzt fechten und singen sie auch. Bis Schneefall einsetzt, zwei Familien ins Chalet einziehen und ein Verbrechen geschieht. «Wir fanden es sehr reizvoll, aus diesen Künstler-Klischees etwas zu spinnen. Was passiert, wenn Künstler auf ‹Normalos› treffen», sagt Ellend. Schliesslich haben sie noch einen weiteren Widerspruch fruchtbar gemacht für das Stück, das per Livestream zu sehen ist: «Wir befragen die Zuschauer am Bildschirm und spielen mit diesem Medium. Wir nutzen also diese absurde Situation, dass wir überall und nirgends sind – zurückgezogen und gleichzeitig total präsent via Internet.»